Von Sylvia Anslinger Harburg "Von der Ballastexistenz zum gleichberechtigten Bürger: Was für eine Erfolgsgeschichte!" So fasste Dr. Bernhard Conrads, Geschäftsführer der Lebenshilfe-Bundesvereinigung, vergangenen Samstag in Harburg die Entwicklung der Lebenshilfe prägnant zusammen. Anlässlich der Auftaktveranstaltung zum 40-jährigen Jubiläum der Lebenshilfe Donau-Ries war Conrads angereist, um der Einrichtung persönlich seine Glückwünsche und Dankesworte zu überbringen. Paul Kling, Vorsitzender der Lebenshilfe Donau-Ries, begrüßte zunächst die zahlreichen Gäste in der Aula der Volksschule Harburg und hob hervor, dass gerade der "Synchronismus" der Jubiläen 40 Jahre Lebenshilfe Donau-Ries und 50 Jahre Lebenshilfe Deutschland ein "Grund zu Feiern" sei. Kling drückte seinen Stolz und Dank für die Erfolge der Lebenshilfe aus und gab einen kurzen Abriss über die Behandlung behinderter Menschen vor der Gründung der Organisation. "Mit der Geburt eines behinderten Kindes brach für viele Eltern eine Welt zusammen", stellte Kling fest und erläuterte knapp die Situation eines solchen Kindes: "Keine Unterstützung, keine Solidarität, keine Hoffnung!" Erstellte Chronik Durch den Willen einiger Eltern zur Selbsthilfe sei es aber schließlich zur Gründung der Lebenshilfe Donau-Ries gekommen, deren Geschichte in einer anlässlich des Jubiläumsjahres erstellten Chronik nachzulesen sei. Es könne durchaus auf eine "großartige Entwicklung" zurückgeblickt werden, aber es gebe auch in Zukunft noch viel zu tun, um Gleichberechtigung und Selbstbestimmtheit für behinderte Menschen zu ermöglichen. Im Anschluss an kurze Begrüßungsworte des Harburger Bürgermeisters Wolfgang Kilian, der stellvertretend auch Grüße und Glückwünsche von Landrat Stefan Rößle überbrachte, trat der Bundesgeschäftsführer der Lebenshilfe, Dr. Bernhard Conrads, ans Rednerpult. In seinem Vortrag dankte Conrads allen Helfern, Unterstützern und Förderern der Lebenshilfe Donau-Ries und hob den Beispielcharakter der hier geleisteten Arbeit hervor, die stets "unermüdlich, höchst engagiert und professionell" gewesen sei. Gerade das Doppeljubiläum der Lebenshilfe sei ein Anlass, um Rück- und Ausblick zu halten. "Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht der Mensch mit einer geistigen Behinderung", erläuterte Conrads. Gerade im Donau-Ries sei auf vorbildliche Weise ein Netz von Hilfen aufgebaut worden. Dies habe stark dazu beigetragen, auch das Menschenbild in Bezug auf geistig behinderte Menschen zu ändern, sodass nun statt von einer "Ballastexistenz" von einem gleichberechtigten Bürger gesprochen werden könne. Damit brachte Conrads aber auch den Faktor der Finanzierung zur Sprache, die immer wieder problematisch sei. Die gute Entwicklung der Lebenshilfe Donau-Ries führte der Bundesgeschäftsführer auf Erfolgsfaktoren wie den Selbsthilfegedanken, die Partnerschaft mit den Fachleuten oder aber auch das öffentlichkeitsbewusste Handeln der Organisation zurück. "Sind wir am Ende von Entwicklungen? Keineswegs!", sagte Conrads und stellte Visionen für die Zukunft vor, in denen der Integrationsgedanke eine wichtige Rolle spielte. Abschließend betonte Conrads noch einmal: "Wir alle brauchen einander - dies gilt auch für die Lebenshilfe." Und so feiere man nicht das Jubiläum an sich, sondern die "Idee", die er bei der Lebenshilfe Donau-Ries sehr gut verwirklicht sieht. Nach dem Vortrag von Dr. Bernhard Conrads wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit den Themen Kinder und Jugend, Wohnen, Arbeit und Offene Hilfen in der Lebenshilfe beschäftigten. In den Gruppen wurden nicht nur bestehende Stärken und Schwächen aufgezeigt, sondern auch Gefahren und Risiken diskutiert und Erwartungen und Erfordernisse für die Zukunft geäußert. Sowohl Vertreter der jeweiligen Einrichtung der Lebenshilfe als auch Fachleute, Betroffene und deren Eltern kamen in den Arbeitsgruppen zu Wort und regten zu mancher Diskussion an. Die Ergebnisse der einzelnen Bereiche wurden im Anschluss im Plenum vorgestellt. Die Arbeitsgruppe "Kinder- und Jugendbereich", die sich mit Frühförderung, schulvorbereitenden Einrichtungen, Schule und Tagesstätte beschäftigt hatte, kam zum Ergebnis, dass zwar ein vielfältiges Angebot vorherrsche, dass aber gerade die Finanzierung und Personalkürzung ein Punkt sei, an dem angesetzt werden müsse. Wohnen: Spagat zwischen Betreuung und Selbstständigkeit Die Teilnehmer der Veranstaltung, die sich mit dem Thema "Wohnen" auseinandergesetzt hatten, zeigten auf, dass der Spagat zwischen Betreuung und Selbstständigkeit schwer zu bewerkstelligen sei und dass trotz zahlreicher Wohnplätze der Lebenshilfe noch Bedarf für Schwerbehinderte und Senioren gesehen werde. Auch die bessere Unterstützung der Familien und die soziale Anbindung der Betroffenen selbst wurden erwähnt. Die Arbeitsgruppe "Arbeit" machte sich unter anderem über die "unterstützte Beschäftigung" und die Beschäftigung in CAP-Märkten Gedanken. Als Stärken wurden erkannt, dass mit dem Schritt aus der Werkstatt in einen "normalen" Betrieb durchaus eine gesellschaftliche Anerkennung einhergehe und dass auf die jeweils vorhandenen Qualifikationen aufgebaut werden könne. Dennoch wurden Zweifel laut, ob die bisher geleistete Hilfe ausreiche und ob der Leistungsdruck und die Bezahlung problemlos zu bewerkstelligen sei. Familienentlastender Dienst Die vierte gebildete Arbeitsgruppe, die sich die "Offenen Hilfen" zum Thema gewählt hatte, betrachtete die Bereiche Beratung, familienentlastender Dienst und ambulant betreutes Wohnen kritisch. Der Wunsch nach einer besseren Vernetzung der drei Gebiete und nach Ausbau des familienentlastenden Dienstes wurde mehr als einmal ausgesprochen, während man den Bedarf im Beratungsbereich weitestgehend gedeckt sah.
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